25.08.2017

GTA 2017: Von Oropa / Rifugio Rosazza nach Agriturismo Belvedere

Als es um 7 Essen gab, waren bereits acht oder zehn Leute da, die aber offensichtlich nicht hier am Rifugio Rosazza schlafen wollten. Ich kam als letzter an den Tisch und Frank und Olaf erzählten leicht zerknirscht, wir müssten pünktlich mit Essen anfangen, weil später noch ganz viele Gäste kämen. Tatsächlich waren in dem 25 m² großen Raum bereits lange Tafeln gedeckt mit einfachen Plastiktellern, nur bei uns standen sie noch auf einem Stapel daneben, und während wir die wie so oft vorzügliche Mahlzeit serviert bekamen, fragten wir uns, was hier eigentlich noch passieren würde.

Das Rifugio Rosazza hat einen ganz eigenen Charme. Bei Google kann man eine negative Bewertung finden (“nie wieder”), was sich wohl daraus erklärt, dass es sehr klein ist, und vor allem eng. Man teilt sich das Badezimmer mit der Betreiberin Claudia und ihren Angehörigen. Das Häuschen ist liebevoll, individuell und geschmackvoll eingerichtet, aber mache wird es vielleicht stören, dass man irgendwie in einem erweiterten Wohnzimmer unterkommt, mehr so, als wäre man Freunde, die zu Besuch sind. Ich fand gerade das total schön.

Claudia hatte alle Hände voll zu tun an diesem Abend. Als immer mehr Leute aus Oropa den Berg hoch kamen, die Strecke, die uns mit unseren Rucksäcken immerhin eineinhalb Stunden gekostet hat, alle im Sport-Outfit und mit ganz kleinem Gepäck, manche im Laufschritt, war sie weitgehend in der Küche verschwunden. Da wir schon gegessen hatten, beschlossen wir, noch ein wenig herumzulaufen. Ich wollte grade los, da stand Claudia neben mir. Where do you go? Trotz aller Hektik hatte sie uns auf dem Schirm. Später, um neun, begann das Abendessen für die mittlerweile 40 Gäste, die dicht an dicht in den Tischen saßen, dabei tranken und offenbar Spaß hatten und Claudia hoch leben ließen. Natürlich gehörten wir nicht richtig dazu, aber wir erfuhren, dass diese Leute das jeden Donnerstag machen. Sie kommen mit ihren Autos aus der Gegend in Oropa an, rennen den Berg hoch und brauchen dafür 35 bis 50 Miunten, und nach dem Essen gegen elf steigen alle bei Stirnlampenlicht wieder den Berg hinab und fahren nach Hause.

Im Sommer betreibt Claudia also das Rifugio Rosazza und lädt jeden Donnerstag zum Berglauf mit cena. Sie selber benutzt auch nie die Seilbahn, die ebenfalls Oropa mit dem Berg verbindet, aus Prinzip. Denn im Winter nutzt sie jede Mittagspause, die sie in ihrem Saisonjob in einem Sportartikelgeschäft hat, um ihren Sport zu machen, dem Schibergsteigen oder Schitourengehen. Sie hat dabei in einem wichtigen Wettkampf einmal den dritten Platz erreicht.

Ihre Gäste sind wohl alle im Wintersport engagiert, dachten wir dann, und dieses Berghochrennen ist eben Sommertraining.

Unser Weg war noch einmal weit. Oberhalb der Seilbahnstation befindet sich ein irgendwie in die Jahre gekommenes, teils verfallenes, kleines Skigebiet.

Der weitere Weg war dann zweifelhaft. Je nach Alter unserer in OruxMaps geladenen “Alpes West”-Karten mit eingezeichnetem GTA gab es zwei Varianten. Der eine GTA lief über den “Trail 5 Colli”, den Pfad der fünf Pässe. Diese Strecke wird wohl im Winter auch für Skitouren genutzt und ist der alte offizielle GTA. Der neue GTA war in meinem Endgerät gar nicht zu sehen, aber Olaf und Frank hatten ihn. Er führt weiter unten am Hang an den 5 Colli entlang. Er sah allerdings deutlich weniger betreten aus. An der Gabelung waren wir sowieso nicht sicher, was richtig war, der Trail 5 Colli sollte schwierig und gefährlich sein und der neue eben eher so gta-mäßig. Was machen also fünf vernünftige Flächländer mit beschränkter alpiner Erfahrung?

Trail 5 Colli

Klar, 5 Colli. Man muss sich vorstellen, man geht auf einem schmalen Bergkamm entlang, links nur Nebel oder Wolken (da wo unten irgendwo der andere Weg entlang läuft), rechts der Abhang, aber meist eine großartige Sicht auf das Tal. Manchmal ist der Kamm nur vier, fünf Meter breit, und auf dem verläuft eben der Pfad. Dann kommen Kletterstellen; diese sind teilweise mit Seilen gesichert, manchmal gibt es Trittstufen, und manchmal auch viele Trittstufen an fast senkrechten Wänden. Und das über fünf Pässe. Dies war definitiv unser bisher schwierigster Abschnitt, aber auch einer, der mit am meisten Spaß gemacht hat. Natürlich ging es bei unseren Unterhaltungen in erster Linie um Themen wie Bergrettung und die Frage, ob wir ankommen würden, und den Nebel. Es lief aber alles gut, es war wirklich eine sehr gute Entscheidung, nicht den Weg unten zu nehmen.

Lago Kamm

Stufen

Nach der Passage der fünf Pässe mit ihren fünf Gipfeln ging es dann noch 800m hinab, erst Wiesen und Geröll, dann Wald.

Die Ankunft am Agriturismo Belvedere war auch besonders. Die Herberge befindet sich schon fast an einem Ortsrand, und uns kam Musik entgegen, denn im Saal fand gerade der Tanztee statt. Entsprechend heiter war die Stimmung. Am frühen Abend unterhielt ein Gesangsduo, bestehend aus Bass und Bariton, die Herbergsgäste vom Hof aus (teils auch als Trio). Für das Essen schließlich ist dieser Platz besonders berühmt. Es war tatsächlich wieder sehr lecker und reichhaltig, ich sag mal, Vitello Tonnato satt hatte ich noch nie. Nur über unseren Wunsch, Pfeffer auf den Salat zu tun, war die Wirtin etwas pikiert. (Nicht wirklich.)

Hier der Track von heute. Im Höhenprofil sind die fünf Colli tatsächlich zu erkennen :)

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