04.09.2016

GTA 2016 Tag 7 - Rückreise

Der Plan für die Rückreise war:

Es kam ganz anders.

Der Bus von Alagna nach Varallo fuhr schon um 15:03 ab. Okay, das sind nur zwei Minuten früher, war aber die erste Abweichung.

Das Taxi war da um 17:05 Uhr, er hat es also ein wenig spannend gemacht. Der dunkle Mercedes Vito 113 der Baureihe W639 (wieso weiß Olaf so was) fing in der ersten Serpentine an, zu quietschen. Olaf meinte, “die Bremsen”, der Taxifahrer “fermata”. Er machte dann Bremstests, hielt an, zog die Handbremse, genauer gesagt, trat die Feststellbremse, löste sie wieder, fuhr weiter, das Quietschen blieb. Es blieb die ganze Zeit. Der Fahrer sprach die Fahrt über gar nicht und fuhr vorsichtig und relativ langsam, wir Fahrgäste sprachen über überhitzende glühende Bremsscheiben und Fahrzeugbrände. In Omegna waren wir gegen 17:45 und verbrachten noch etwas Zeit am Lago d’Orta.

Vor dem Aufenthalt am See zogen wir noch Fahrkarten für die Strecke Omegna - Domodossola. Der Automat teilte uns mit, dass der gewählte Zug fünf Minuten Verspätung habe. Das geht ja noch, wir haben ja in Domodossola zehn Minuten Zeit zum Umsteigen. Der Zug war dann aber pünktlich. Er blieb immer mal stehen für ein paar Minuten, damit wir nicht zu beruhigt werden oder um auf Gegenzüge auf der eingleisigen Strecke zu warten, war dann aber mega-pünktlich.

In Domodossola stand unser Zug 19:48 nach Brig dann nicht auf der Anzeigetafel. Da standen andere Züge, auch einer um 20:48 nach Basel, aber nicht unser Zug nach Brig. Frank so zu Olaf, ernste Stimme: Haben wir einen Fehler gemacht? Wir stürzten zum Abfahrts-Aushangfahrplan; da stand er. Auf die schnelle wurden alle Abkürzungen und Zeichen noch mal nachgesehen: Der Zug führt die erste und zweite Wagenklasse, er verkehrt auch bei Streik an Werktagen, er verkehrt auch bei Streik an Sonn- und Feiertagen, und zwar auf Gleis 2, und er fährt nach Basel. Nur stand er nicht auf der Anzeigetafel.

Olaf so zum Schaffner, der in dem Zug war, mit dem wir gekommen waren, und der mit seinem kleinen Rollkoffer gerade in die Bahnhofshalle lief: Nach Basel, fährt der Zug nicht? Er zeige auf die Anzeigetafel, si, Basel, 20:48.

Dann die Erlösung. Eine Frau mit Bahn-Outfit rief: Basel? Binario due. Wir frugen noch mal nach: Wirklich, fährt er? Ja, ja. Wir da hin, und wir waren dort nicht die einzigen. Zwei Minuten später stand er dann auch auf der Anzeigetafel am Gleis. Puuuuuuh.

Und dann, Basel. Wieso eigentlich Basel? Wir müssen nach Basel, aber wir wollten eigentlich in Brig innerhalb von vier Minuten umsteigen in den Zug nach Basel. Wieso fährt der jetzt nach Basel?

Also, wir haben wohl wirklich einen Fehler gemacht. Dadurch, dass die Strecke durch den Simplontunnel irgendwie ein dunkler Fleck ist für die Deutsche Bahn, hat Olaf den Eindruck gewonnen, dass wir umsteigen müssen. Tatsächlich ist das derselbe Zug. Wir haben dann darauf verzichtet, einmal aus- und wieder einzusteigen, und der Halt in Brig hat sich dann auch noch auf 12 Minuten verlängert, weil ein weiterer Zugteil angehängt wurde, und dafür hat sich das Zugteam gleich erst mal entschuldigt.

Noch vor dem Tunnel hatten Frank und Olaf was zu lachen. Wie desolat auch immer der Schengen-Raum als solcher jetzt ist, ich hätte nicht damit gerechnet, dass bei der Ausreise aus Italien von den italienischen Beamten nicht nur mein Personalausweis kontrolliert, sondern auch mein Portemonnaie und ein Fach meines Rucksacks gefilzt werden würde. Tabacchi, Cigaretts? No, niente. Parla Italiano? Un poco. Interessant, das passiert so selten inzwischen, ich empfinde es als richtig entwürdigend. Naja, es wird ja wieder immer mehr. Traf wahrscheinlich mich in Ermangelung eines Schwarzen im Wagen, da hält eben ein langhaariger Mann her.

Vor dem Bahnhof in Basel befindet sich eine belebte Kneipe, und während wir unser Bier nippten, kotzte ein vielleicht 18jähriges Mädel vor uns auf den Gehweg. Mehrmals. Wir prosteten uns zu. Einer ihrer Begleiter bat uns dann um ein Nasstüchli. Olaf gab ihm einen Meter Klopapier.

Um kurz nach drei nachts wachte ich auf. Eine junge Frau stand in unserem Liegewagen-Abteil und kicherte. Eigentlich hatte sie einen Lachanfall, aber sie versuchte, leise zu sein. Eine andere Frau redete auf sie ein, lachte aber auch gedämpft.

Die oberen Liegen waren besetzt mit Frank und Olaf, ich lag ganz unten, mir gegenüber und schräg oben gegenüber zwei andere mitreisende Männer. Einander Fremde werden nach Geschlechtern sortiert in die Abteile gebucht, und mehr als fünf Liegen werden je Abteil nicht mehr verkauft. Folglich war die Liege über mir frei. Die Luft war auch zu fünft schon zum schneiden und es war unangenehm warm.

“Was macht ihr denn hier?” hörte ich Frank. “Wir wohnen hier”, war die prompte Antwort. Die Frau, die bisher stand, stieg zu der anderen auf die Liege über mir. Ich hörte weiter Gekicher, sie äfften Frank nach “was macht ihr denn hier?” und kicherten weiter, uns wünschten sich gute Nacht. Dann wurde es wieder leiser.

Morgens erführ ich, dass der Lachanfall wohl ausgelöst wurde, weil sie Olaf auf seiner Liege übersehen hatten und zunächst dachten, es seien zwei Liegen frei. Beim Versuch, auf die Liege zu klettern, fiel Olaf dann wohl auf.

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